Die Oortsche Wolke: Wo endet das Sonnensystem?

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Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was sich am Rande des Sonnensystems befinden könnte? Wissenschaftler vermuten, dass das Sonnensystem weit draußen von einer riesigen Hülle aus Eis und Staub umgeben ist – dieser Bereich wird als Oortsche Wolke bezeichnet. Da die Oortsche Wolke sehr weit entfernt ist und nicht direkt beobachtet werden kann, bleiben die meisten ihrer Geheimnisse verborgen. Dennoch ist es wichtig, sie weiter zu erforschen, um zu verstehen, wie unser Sonnensystem wirklich aussieht und wie es entstanden ist. In diesem Artikel werfen wir einen Blick darauf, was wir bisher über diesen faszinierenden Bereich des Weltalls wissen.

Inhalt

Was ist die Oortsche Wolke?

Die Oortsche Wolke ist eine hypothetische kugelschalenförmige Wolke, die das Sonnensystem umgibt und aus kleinen Eiskörpern besteht. Die Existenz der Oortschen Wolke wurde noch nicht durch direkte Beobachtung nachgewiesen, ist aber in der Wissenschaft weitgehend akzeptiert.

Woraus besteht die Oortsche Wolke?

Die Oortsche Wolke besteht aus Billionen kleiner Eiskörper, die sich auf unterschiedlichen Umlaufbahnen bewegen. Diese Objekte, von denen die meisten weniger als 100 km groß sind, enthalten eine Vielzahl eisiger Substanzen wie Wasser, Methan, Ethan, Kohlenmonoxid, Blausäure und Ammoniak. Zusammen bilden sie eine Wolke, deren Gesamtmasse auf das 10- bis 100-fache der Erdmasse geschätzt wird.

Objekte der Oortschen Wolke

Die Oortsche Wolke gilt als Ursprungsort der langperiodischen Kometen – jener Kometen, die für ihre Umlaufbahn um die Sonne zwischen 200 und Tausenden von Jahren benötigen. Eigentlich sind diese Kometen der Beweis, dass die Oortsche Wolke tatsächlich existiert.

Nach der Hypothese des niederländischen Astronomen Jan Oort, dem Namensgeber der Oortschen Wolken, könnten langperiodische Kometen in der Nähe der Sonne nicht überleben. Aufgrund der Anziehungskraft würden sie bald mit der Sonne oder einem ihrer Planeten kollidieren. Außerdem verglühen Kometen auf ihrem Weg durch das Sonnensystem relativ schnell, sodass es in einer kälteren, weiter entfernten Region einen „Nachschub“ an Kometen geben muss, sonst würden wir in unserer Zeit nicht so viele Kometen sehen. Aus diesen Beobachtungen schloss Jan Oort, dass es eine Kometenwolke im äußersten Bereich des Sonnensystems gibt.

Langperiodische Kometen verbringen den größten Teil ihres Lebens in der Oortschen Wolke. Gelegentlich können sie jedoch durch den Einfluss vorbeiziehender Sterne, Molekülwolken oder galaktischer Gezeiten aus ihrer Umlaufbahn „herausgeschleudert“ werden. Dadurch fallen sie in das innere Sonnensystem und werden sichtbar, wenn sie sich der Sonne nähern. Es wird vermutet, dass es in der Oortschen Wolke viele potenzielle langperiodische Kometen gibt, die die Sonne noch nicht besucht haben.

Auch in der Oortschen Wolke werden Zwergplaneten vermutet. Ein bemerkenswertes Beispiel ist Sedna, der 2005 entdeckt wurde. Sedna hat eine stark verlängerte Umlaufbahn und benötigt etwa 11.400 Jahre, um zum sonnennächsten Punkt zurückzukehren, der 76 Astronomische Einheiten (AE) entfernt ist.

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Wie entstand die Oortsche Wolke?

Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Oortsche Wolke vor etwa 4,6 Milliarden Jahren zusammen mit der Sonne und den Planeten des Sonnensystems entstanden ist. Als sich junge Riesenplaneten (wie Jupiter und Neptun) bildeten, begann ihre Anziehungskraft, die Umlaufbahnen kleinerer Objekte, sogenannter Planetesimale, zu beeinflussen. Einige dieser Planetesimale kollidierten mit größeren Objekten, andere wurden als Monde eingefangen und wieder andere wurden von der Sonne weg in die sich bildende Oortsche Wolke gezogen. Die Schwerkraft der Galaxie hat sie dann wahrscheinlich in die sphärische Wolke am Rande des Sonnensystems getrieben, wo die Planeten und die Sonne sie nicht mehr stören konnten.

Die Oortsche Wolke ist noch nicht stabil. Einige Mitglieder der Wolke könnten in die Weiten des Weltraums geschleudert werden, und einige Objekte könnten auch von benachbarten Sternsystemen eingesammelt werden.

Oortsche Wolke: Entfernung und Größe

Die Oortsche Wolke ist eine gigantische Wolke und der äußerste Bereich des Sonnensystems. Aber wie groß ist sie wirklich und wo befindet sie sich? Versuchen wir, diese Fragen zu beantworten.

Wo befindet sich die Oortsche Wolke?

Die Oortsche Wolke befindet sich im interstellaren Raum am äußersten Rand des Sonnensystems. In dieser Entfernung wird die Oortsche Wolke weder vom Magnetfeld der Sonne noch von den Gravitationskräften der Planeten beeinflusst.

Der innere Rand der Oortschen Wolke ist etwa 2.000 Astronomische Einheiten von der Sonne entfernt. Das bedeutet, dass die Oortsche Wolke 2.000-mal weiter von der Sonne entfernt ist als die Erde! Um Ihnen eine Vorstellung zu geben: Neptun, der am weitesten entfernte Planet unseres Sonnensystems, ist nur etwa 30 AE von der Sonne entfernt.

Wie groß ist die Oortsche Wolke?

Wie bereits erwähnt, liegt die innere Grenze der Oortschen Wolke etwa 2.000 AE von der Sonne entfernt. Ihre äußere Grenze liegt irgendwo zwischen 10.000 und bis zu 200.000 AE von der Sonne entfernt. Die äußere Grenze der Oortschen Wolke könnte bis zur Hälfte unseres nächsten Nachbarn, Proxima Centauri, reichen. Mit heutiger Technologie würde es etwa 30.000 Jahre dauern, bis ein von Menschen gebautes Raumschiff diesen riesigen Raumbereich durchquert hätte.

Kann man die Oortsche Wolke sehen?

Die Eiskörper, aus denen sich die Oortsche Wolke zusammensetzt, bewegen sich zu langsam und reflektieren zu wenig Licht; außerdem sind sie einfach zu weit von uns entfernt – daher ist die Oortsche Wolke auch mit den leistungsstärksten Teleskopen derzeit nicht zu sehen. Indirekt können wir sie aber über die Objekte erforschen, die aus der Wolke ins innere Sonnensystem „fallen“. Die meisten dieser Objekte sind langperiodische Kometen.

Mit der kostenlosen Astronomie-App Sky Tonight können Sie die Kometen am Himmel finden, die uns aus dieser fernen Region des Weltalls erreichen. Beispielsweise wird erwartet, dass der neu entdeckte langperiodische Komet C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) im Oktober 2024 eine Helligkeit von -3,5 mag erreicht, was mit bloßem Auge deutlich sichtbar ist. Im Moment ist er noch kein auffälliges Himmelsobjekt, aber Sie können ihn schon jetzt mit Sky Tonight am Himmel verfolgen. Um mehr über den Kometen C/2023 A3 zu erfahren und wie man ihn mit Sky Tonight finden kann, lesen Sie unseren Spezialartikel.

F.A.Q.

Wann wurde die Oortsche Wolke entdeckt?

1950 stellte der niederländische Astronom Jan Hendrik Oort die Hypothese auf, dass es im Sonnensystem eine ferne Wolke gibt, aus der langperiodische Kometen hervorgehen. Seine Idee basierte auf der des estnischen Astronomen Ernst Julius Öpik, der 1932 die Hypothese aufstellte, dass es im Sonnensystem ein fernes Kometenreservoir geben könnte.

Wie weit ist die Oortsche Wolke von der Sonne entfernt?

Die Oortsche Wolke befindet sich in einer Entfernung von 2.000 bis 200.000 AE von der Sonne. AE (Astronomische Einheit) ist der mittlere Abstand zwischen Erde und Sonne. Wenn Sie mehr über astronomische Entfernungen und deren Messung erfahren möchten, dann werfen Sie doch einen Blick auf unsere bunte Infografik zu diesem Thema.

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Wie entkommen Kometen der Oortschen Wolke?

Langperiodische Kometen werden durch die Anziehungskraft vorbeiziehender Sterne, Molekülwolken oder durch die Gezeitenkräfte der Milchstraße aus der Oortschen Wolke herausgeschleudert, wodurch sich die Umlaufbahnen der Objekte in der Oortschen Wolke verschieben können und sie ins innere Sonnensystem gelangen. Manchmal können die Kometen, die aus der Oortschen Wolke stammen, von den Gravitationskräften eingefangen werden und eine neue „Heimat“ finden. Zum Beispiel wird angenommen, dass der Halleysche Komet in der Oortschen Wolke geboren wurde, aber jetzt befindet er sich im Kuipergürtel.

Was ist der Unterschied zwischen dem Kuipergürtel und der Oortschen Wolke?

Der Kuipergürtel ist scheibenförmig, während die Oortsche Wolke annähernd kugelförmig ist. Der Kuipergürtel liegt ebenfalls jenseits der Neptunbahn, aber näher an der Sonne als die Oortsche Wolke. Im Kuipergürtel umkreisen die Objekte die Sonne tendenziell in der Nähe der Ekliptikebene, während die Oortsche Wolke Objekte mit einem breiten Spektrum an Umlaufbahnen beherbergt. Der Kuipergürtel wurde bereits von einer Raumsonde (NASA New Horizons) untersucht, während die Oortsche Wolke noch nicht besucht wurde.

Kann man durch die Oortsche Wolke reisen?

Von Menschen gebaute Raumschiffe können die Oortsche Wolke durchqueren, aber es ist derzeit nicht möglich, wissenschaftliche Operationen durchzuführen oder Signale aus der Wolke zu empfangen. Voyager 1 zum Beispiel wird etwa 300 Jahre brauchen, um die Oortsche Wolke zu erreichen, und weitere 30.000 Jahre, um sie zu durchqueren, aber schon 2025 wird ihm der Treibstoff für wissenschaftliche Erkundungen ausgehen. Auch Voyager 2, Pioneer 10 und 11 sowie New Horizons werden nicht mehr einsatzbereit sein, bevor sie die Oortsche Wolke erreichen. Testen Sie Ihr Wissen über das berühmte Raumschiff mit unserem Quiz!

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Was ist hinter der Oortschen Wolke?

Die Oortsche Wolke befindet sich im interstellaren Raum am äußersten Rand des Sonnensystems. Dahinter liegen die anderen Sternensysteme und die unendlichen Weiten des Weltraums.

Zum Abschluss

Die Oortsche Wolke ist eine riesige, weit entfernte Wolke aus Billionen von Eisobjekten, die unser Sonnensystem umgibt. Da sie 2.000 bis 200.000 AE von der Sonne entfernt ist, bleibt sie der direkten Beobachtung verborgen. Durch die Beobachtung langperiodischer Kometen, die aus der Oortschen Wolke kommen, können wir jedoch Einblicke in diese rätselhafte Region gewinnen. Verfolgen Sie diese kosmischen Besucher mithilfe von Sternenhimmel-Apps wie Sky Tonight und bestaunen Sie die Wunder unseres riesigen und faszinierenden Universums.

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